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Nüschelerstrasse 24
Zürich
Studienauftrag, 2012
Seewarte AG
Thomas Schregenberger GmbH
Thomas Schregenberger, Andrzej Egli, Anita Hügin
4.2 Mio. CHF

Erläuterungen zum Projekt

Das vom Architekten Hermann Weideli 1934 erstellte Gebäude an der Nüschelerstrasse 24 ist Teil des grossartigen Oeuvres des Architekten. Seine mit Robert Bischoff zusammen erstellten Grossbauten im Zentrum von Zürich, das gleich gegenüber gelegene Kaufleuten zum Beispiel, der Kollerhof an der Langstrasse oder die Denzlerhäuser am Bellevue mit dem höchst eleganten Café Odeon sind Teile davon. Die enge Verbindung von Architektur, Kunsthandwerk und künstlerischem Schmuck war Programm der damals noch jungen Architekten. Ihre Suche nach der „zeitgemässen Architektur für die Grossstadt“ führte zum Verzicht auf das historische Formenvokabular und eine Erneuerung der modernen Baukunst aus regionaler Stiltradition und handwerklicher Qualität. Ihre oft mächtigen Gebäudevolumen sind geschickt gegliedert, die ornamentlosen, rauen Stein- und Putzflächen sind meist von künstlerisch bearbeiteten Fensterleibungen und reliefgeschmückten Erkern unterbrochen. Alle ihre Bauten zeugen von der Vision einer weltgewandten Grossstadt Zürich.

Auch wenn das zum Spätwerk von Hermann Weideli zählende Gebäude an der Nüschelerstrasse 24 nicht ganz so prominent ist wie die oben erwähnten Bauten, so ist doch die grosse Sorgfalt und Sicherheit in der Gestaltung wie der Konstruktion des Gebäudes augenfällig. Gliederung und Rhythmus der Fassaden sind auch hier wichtige Elemente der Architektur, die über das Gebäude hinweg den ganzen Strassenzug prägen. Vertikale, erkerähnliche Volumen wechseln sich ab mit grossflächigen Fensterfronten und den vorgelagerten Balkonen. Diese turmartigen Elemente greifen bis über die Traufe hinaus in die Dachfläche hinein, wo sie mit einem vorstehenden, profilierten Betonelement zum Abschluss gelangen. Die Fassade ist einfach aber präzise detailliert. Die Fenster sind wohl proportioniert und mit einem schon fast kubisch wirkenden Fensterbank versehen, im Dachgeschoss verbinden sich Brüstungsabdeckungen mit Fensterbänken, Fallrohre werden zu architektonischen Elementen. Das ehemalige Apartmentgebäude ist auch konstruktiv sehr sorgfältig aufgebaut. Grosse Betonträger, auf etwas mehr wie einen Meter in den Raum hineingestellten Stützen überspannen den ehemaligen Saal im Erdgeschoss. Darüber teilen zwei Stützenreihen mit ihren dazugehörenden Unterzügen die Gebäudetiefe in drei gleiche Spannweiten. Im mittleren Feld waren ursprünglich die Bäder und die Erschliessung untergebracht, in den aussenliegenden die Wohnräume.

Der hier vorliegende Erneuerungsvorschlag geht gezielt auf die Qualitäten des Gebäudes ein. Idee ist es, möglichst behutsam mit der Bausubstanz umzugehen. Diesem Vorgehen liegt nicht so sehr nur eine denkmalpflegerische, sondern viel mehr auch eine qualitätssichernde Haltung zu Grunde. So soll die stolze, städtische Fassade des Gebäudes zwar saniert, aber in ihrem Ausdruck erhalten bleiben. Die später montierten Sonnenstoren werden entfernt, der Putz partiell erneuert und die eher groben Fenster durch elegantere, technisch leistungsfähigere ersetzt. Die ehemaligen Rollladen machen Stoffstoren platz und die Balkongeländer werden an die heutigen Sicherheitsstandards angepasst. Die Fassaden sind aus bauphysikalischen, baurechtlichen und architektonischen Gründen auch innen nicht zusätzlich isoliert. Trotzdem können die Heizwärmeverluste durch die Sanierung um bis zu 60 % reduziert werden. Zusätzlich sorgt ein intelligentes Wärme-Kälte Austauschsystem für grosse energetische Effizienz (siehe technische Beschreibung).

Die grössten Eingriffe ins bestehende Gebäude gelten der Erdbebenertüchtigung, den neuen WC-Anlagen und dem Lifteinbau. Die statischen Massnahmen konnten mit den Sanitären Anlagen kombiniert und somit einfach und platzsparend gelöst werden, während sich mit dem Lifteinbau die Chance bot, das bestehende Treppenhaus neu und grosszügiger zu Gestallten. Anstelle des bestehenden Lifts bringt nun ein grosszügiges Treppenauge viel Raum und Licht, und damit einen Hauch von Grandezza in die Treppenanlage. Ein neues, elegantes Treppengeländer, Wand- und Bodenbeläge aus Naturstein im Eingangsgeschoss und üppige Leuchter unterstreicht diese Stimmung noch. Alle diese Massnahmen sollen dem Gebäude einen neuen, repräsentativen Auftritt verleihen, eine neue Selbstsicherheit, die ihm gebührt.

Technischer Bericht

Energie / Heizwärmebedarf
Der rechnerische Heizwärmebedarf nach SIA 380/1 ergibt sich zu 313 MJ/m2 und liegt somit doppelt so hoch wie der Grenzwert nach den derzeit gültigen Wärmedämmvorschriften des Kantons Zürich. Da alle Bauteile welche vom Umbau betroffen sind gemäss den Einzelbauteilvorschiften energetisch saniert werden ist das Projekt jedoch trotzdem voll bewilligungsfähig. ,Ein niedrigerer Heizwärmebedarf im Bereich des derzeit gültigen Umbau Grenzwertes, kann nur durch die Anbringung von mindestens 12cm Aussenwärmedämmung an der Fassade erreicht werden. Eine geringere Dämmmassnahme ist bewilligungstechnisch nicht realisierbar. Um das architektonische Bild des Gebäudes behalten zu können wurde deswegen auf diese Sanierungsmassnahme verzichtet. Mit den geplanten Sanierungsmassnahmen können die Heizwärmeverluste trotzdem um ca. 50-60% gegenüber dem Ist-Zustand gesenkt werden, was einer deutlichen Energieeinsparung entspricht. Das Minergie-Label kann allerdings nicht erreicht werden.

Lärmschutz
Die Nüschlerstrasse ist vom Strassenlärm belastet, der berechnete Beurteilungspegel für die vorgesehene Büronutzung an der Strassenfassade beträgt: Tags Lr=68 dB. Nachfolgend sind überschlägige Werte für den Schallschutz der Fenster (Wert für Fenster im eingebauten Zustand) angegeben:
Hoffassade: R’w + Ctr = 28 dB, d.h. z.B. R’w (Ctr) = 33 (-5) dB, Normalglas Strassenfassade, Einzel- bzw. 2er-Büro: R’w + Ctr = 36 dB, d.h. z.B. R’w (Ctr) = 41 (-5) dB, Schallschutzglas Strassenfassade, Grossraumbüro mit ca. 280 m3 Raumvolumen – bei Ausschluss späterer Unterteilung in Einzel- bzw. 2er-Büros: R’w + Ctr = 28 dB, d.h. z.B. R’w (Ctr) = 33 (-3) dB, Normalglas
Falls die geplanten Grossraumbüros in Zukunft auch flexibel als Einzelbüros umfunktioniert werden sollen empfehlen wir die Auslegung der Fenster schon heute für diese Situation, sprich mit einem Schallschutz von R’w + Ctr = 36 dB.

Massnahmen Tragkonstruktion
Die Eingriffe bezüglich Tragkonstruktion beschränken sich auf Massnahmen zur Erdbebenertüchtigung und den Lifteinbau, wobei dessen Schacht die Erdbebensicherheit ebenfalls verbessert. Der Widerstand in Querrichtung des Gebäudes wird erhöht, indem bei den seitlichen Treppenhauswänden über alle Geschosse durchgehend eine Vorsatzkonstruktion mit fachwerkartig zusammengesetzten Stahlprofilen erstellt wird. In Längsrichtung wird der Liftschacht mit den anschliessenden Wandstücken sowie die Frontwand der Toilettenanlage für die Stabilisierung verwendet. Zur Gewährleistung der nötigen Einspannung im Untergrund werden die zusätzlichen Stabilisierungsfachwerke im Untergeschoss als Wände betoniert und mit Mikropfählen fundiert. Die Scheibenwirkung der Geschossdecken für die Abtragung der Horizontalkräfte wird bei Bedarf mit Klebebewehrungen an den Deckenuntersichten verbessert.

Raumklima Büro
Eine Büronutzung hat im Betrieb vor allem zu viel Wärme. Die Wärmen kommen von Beleuchtung, PC, Personen und in der warmen Jahreszeit durch die Fassade. Diese Wärme des Bürobetriebs entsteht immer ausser in der Nacht und an Wochenenden. Aus diesem Grunde ist es positiv, wenn die Fassade einen Teil der Raumkühlung übernehmen kann. In der warmen Jahreszeit muss sowieso gekühlt werden, dies ist aber nur während 2-3 Monaten im Jahr der Fall. Aus dieser Betrachtung wurde die Gebäudeversorgung gewählt.

Kälte
Es wird für die Kühlung ein Kaltwassernetz in den zwei Hauptsteigzonen für die Raumkühlung vorgesehen. Die Raumkühlung ist je nach Bedarf als Mieterausbau mit Kühldecken, Kühlsegel, Umluftkühler usw. vorgesehen. Es wird mit einer mittleren Kühlleistung von 30W/m die Kälteleistung zur Verfügung gestellt. Daraus ergibt sich eine Kälteleistung von rund 75kW. Das Gebäude soll energetisch einen guten Betrieb bekommen, ohne die Fassade zu erneuern. Dies wird mit Energieverschiebungen von Tag (Kühlung) und Nacht (im Winter heizen) erbracht. Das heisst in der Nacht wird bei zu kühlen Räumen geheizt und am Tag bei zu warmen Räumen gekühlt. Dabei wird die benötigte Wärme in der Nacht aus einem Eisspeicher bezogen, welcher dann am Tag für die Raumkühlung zur Verfügung steht. Dadurch lässt sich gleichzeitig betrieblich günstig Kälte- und Wärmeenergie erzeugen. Die Kälteerzeugung wird zusammen mit dem Eisspeicher auf 50kW festgelegt. Die Heiz- und Rückkühlleistung beträgt dann rund 80kW. Die Rückkühlung mit Ansaug- und Ausblasquerschnitten à 2m2 ist im Estrich angeordnet.

Heizung
Die Wärmeleistung für das Gebäude bei Aussentemperaturen von -8°C liegt bei rund 90kW. Diese Wärmeleistung wird hauptsächlich durch die Kältemaschine erbracht, welche auch als Wärmepumpe betrieben wird. Bis zu einer Aussentemperatur von 3°C kann mit der Rückkühlung via Aussenluft die Wärmepumpen- Kältemaschine betrieben werden. Unter der Aussentemperatur von 3°C wird für den Wärmepumpenbetrieb nur noch die Abwärme aus dem Bürogeschoss und die Rauchgaskondensation des Gaskessels genutzt (Teillastbetrieb). Um eine gesicherte Wärmeerzeugung zu haben wird die Gasleitung für den Gaskessel ins Haus gezogen. Es wird ein kondensierender Gaskessel vorgesehen, bei welchem die Rauchgaskondensation als Wärmequelle für die Wärmepumpe genutzt wird. Für die Wärmeabgabe in den Büros wird im Fensterbereich mit Ventilationskonvektoren die nötige Heizleistung mit optimalen Heiztemperaturen eingebracht. Die Heizkörper sind nur bei ganz kalten Tagen in Betrieb sowie in der Nacht und an den Wochenenden. Das Trinkwarmwasser wird durch die Heizung zentral erzeugt. Im Sommer erfolgt die Erwärmung durch die Kältemaschinenabwärme.

Lüftung
Die Räume werden nicht gelüftet, da es zu grosse statische und bauliche Eingriffe mit entsprechender Kostenfolge erfordert. Die WC-Räume werden mit Abluftventilatoren gelüftet. Diese werden präsenzabhängig und mit Nachlaufprogramm betrieben.

Sanitär
Alle Nasszellen werden neu erstellt und mit allen erforderlichen Sanitärapparaten versehen. Bei Bedarf können an der zweiten Steigzone Zusätzliche Nasszellen erstellt werden.

Elektroanlagen
Die Elektrohauptverteilung wird ersetzt oder je nach Zustand für die neuen Gegebenheiten saniert. Für die Notbeleuchtung in den Treppenhäuser und den Fluchtwegen wird eine zentrale Notlichtanlage empfohlen. Die Elektroinstallationen für die neuen Heizungs-Anlagen werden komplett neu erstellt. Die allgemeinen elektrischen Installationen im 1.Untergeschoss und in den Treppenhäuser werden gemäss den gültigen Normen angepasst. Im Erdgeschoss sind keine Anpassungen der elektrischen Installationen vorgesehen. In den Fluchtwegen wird eine konforme Notbeleuchtung eingebaut. Die Treppenhäuser werden mit einer neuen Beleuchtung ausgestattet. In den Büros 1.OG bis DG wird ein Grundausbau realisiert. Dieser umfasst im Wesentlichen:
- Neue Steigzonen 1.UG bis DG - Starkstromerschliessung der Mietflächen ab Hauptverteilung. - Schwachstromerschliessung der Mietflächen ab Übergabestelle - Neue Elektroverteilungen - Reinigungssteckdosen im der Nähe der Treppenhäuser - Sockelkanal an der Fassade inkl. dessen Erschliessung mit Kabelkanälen - Arbeitssteckdosen in den Sockelkanälen - Elektrische Storen über zentrale Wetterstation gesteuert - Beleuchtungsinstallationen in allen Nasszellen
Die übrigen elektrischen Installationen in den Büros 1.OG bis DG erfolgen durch die Mieter. Dies sind unter anderem die Beleuchtung, die universelle Kommunikationsverkabelung, ergänzende Steckdoseninstallationen, Storeneinzelbedienungen und die Erschliessung der innenliegenden Arbeitsplätze. Die Erschliessung der inneren Arbeitsplätze kann durch den Mieter über eine zusätzliche Verkleidung der Stützen erfolgen, oder über Mediensäulen von der abgehängten Decke gespiesen werden.

Behindertengerechtes Bauen
Der bestehende Lift kann zwar Modernisiert werden, die durch die Treppenläufe gegebene maximal Breite erlaubt aber keinen Einbau einer behindertengerechten Liftkabine (1.10m, bedingt zulässig bei Umbau 1.0m). Der neue Lift beim Haupttreppenhaus positioniert erfüllt sämtliche Normen. Auf jedem Geschoss ist ein behindertengerechtes WC angeordnet.

Brandschutz
Für eine maximale Flexibilität der Büronutzung auch mit offenen Bereichen muss das zweite Treppenhaus als Fluchttreppenhaus saniert werden. Das bedeutet dass die Einbauten im Erdgeschoss zurückgebaut werden müssen. Zusätzlich wird das Treppenhaus wieder ins 4. Obergeschoss geführt, damit auch dieses Flächen optimal genutzt werden können. Im Dachgeschoss muss die maximale Fluchtweglänge von 20m durch einen Korridor gewährleistet werden.